Mühlenverband Rheinland
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Bilau-Flügel im Rheinland


Die älteste und bei rheinschen Windmühlen gängigste Flügelform – früher wie heute – sind die Segelgatterflügel, bei denen an den Ruten jeweils ein Gitterwerk aus Holzlatten befestigt ist, auf dem zum Einfangen des Windes ein Segeltuch gespannt werden kann.

Um 1772 wurden in Schottland die Lamellenflügel (Jalousieflügel) für Windmühlen erfunden. Statt eines Segelgatters befand sich an den Flügelruten ein Rahmen, in dem einzelne Lamellenklappen aus Holz oder Blech über ein Gestänge synchron verdreht werden konnten, um so eine dem Wind angepasste Widerstandsfläche zu bieten. Für die zentrale Steuerung war ein Hebelwerk (Spinne) am Wellkopf erforderlich mit einer Steuerstange, die durch eine zentrale Bohrung in der Flügelwelle bis ans Ende der Kappe führte, wo sie über einen Kettenzug von unten bedient werden konnte. Während zum Anpassen an veränderte Windgeschwindigkeiten die Segelgatterflügel zeitaufwändig mehrfach angehalten werden mussten, konnte das nun bei laufendem Betrieb sehr einfach erfolgen. Der Nachteil war ein gewisser Leistungsverlust. Daher haben sie sich wohl in unserer Region nicht durchgesetzt. Die einzige Mühle mit Jalousieflügeln im Rheinland steht im Freilichtmuseum Mechernich-Kommern. Der reetgedeckte Bergholländer stammt aber ursprünglich aus Cantrup im Landkreis Diepholz. Die Jalousie-Klappen sind an dieser Mühle aus dünnen Holzbrettern gefertigt.

Der deutsche Artillerie-Offizier Kurt Bilau (1872 - 1941) beschäftigte sich in den 1920er/1930er Jahren intensiv mit der Erforschung und Erprobung von Verbesserungen zur Leistungsteigerung der Windmühlenflügel. Die Zentralsteuerung der Lamellenflügel kombinierte er schließlich mit aerodynamischen Profilen aus dem modernen Flugzeugbau. So wurden die Flügelruten an der Vorderkante mit einer Konstruktion aus Leichtmetallblech versehen, die im Querschnitt den Tragflächen moderner Flugzeuge ähnelt (Ventikanten). Am Heck der Ruten wurden über Gestänge drehbare Metallklappen eingebaut, mit denen die Flügel an die Windgeschwindigkeit angepasst werden können.

Steuerspinne am Wellenkopf der Donsbrügger Mühle

Ab 1935 in der Hitlerzeit führte ein staatlich geförderertes Windmühlenprogramm im Rheiland zur Umrüstung mehrerer Mühlen mit Bilau-Ventikanten. Davon sind noch 4 bis heute funktionsfähig, was den größten Anteil der etwa nur noch zehn erhaltenen von ehemals 152 Bilau-Flügeln in Deutschland und Europa ausmacht.



Die Achtkant-Holländermühle in Kleve-Donsbrüggen war bis
1956 in Mahlbetrieb, für Eigenbedarf bis 1962. Im Jahr 1954 wurden 4 Flügel mit Bilau-Ventikanten und Drehheck ausgerüstet, die 1963, 1985 und 2018 restauriert wurden. Der Durchmesser des Flügelkreuzes beträgt 21 m.

► Infos Mühle Donsbrüggen

► Webseite Mühle Donsbrüggen




Der 1849 errichtete konische Turm-Holländer in Rees erhielt 1937 ein Flügelkreuz mit 4 Bilau’schen Ventikanten mit Drehheck von 22 m Durchmesser. Nach einem Sturmschaden musste 1941 das Flügelkreuz erneuert werden, wobei man die Flügellänge von 11 m auf 9,5 m verkürzte. Bei einer Renovierung 1997/98 wurden die Flügel erneuert.

► Infos Scholten-Mühle

► Webseite Scholten-Mühle




Diese steinerne Holländermühle wurde 1860 in Stommeln errichtet und 1937 im Rahmen des Rheinprovinz-Mühlenprogramms ebenfalls mit 4 Ventikantenflügeln und Drehhecks ausgestattet. 1963 wurden die Flügel in gleicher Weise erneuert. Die Mühle arbeitete gewerblich bis 1975. Nach mehrjähriger Grundsanierung wurden auch die Flügel 2021 renoviert.

► Infos Stommelner Mühle

 




Auch die Mühle in Gangelt-Breberen ist wie alle zuvor beschriebenen ein sogenannter Kellerholländer, umgeben von einem Erdwall, durch den aber eine Durchfahrt für Fuhrwerke führt. Die 1827 erbaute Mühle wurde bereits 1919 stillgelegt, aber 1937 erneut aktiviert und war bis 1961 in Betrieb. Nach Reparatur von Kriegsschäden bekam sie 1950 sogar noch 4 Bilau'sche Ventikanten mit Drehheck, die bis dahin an der Herrmanns-Mühle in Kevelaer ihren Dienst getan hatten.

► Infos Breberener Mühle

► Webseite der Selfkant-Mühlen






Dass selbst Bockwindmühlen mit Bilau’schen Ventikanten modernisiert wurden, belegt das Beispiel der Höller Mühle, die bereits
1934/35 mit 4 Ventikanten ausgestattet wurde, aber noch mit Jalousie-Heck. 1942 erfolgte die Umrüstung auf Drehheck.
Die Mühle brannte 1983 vollständig ab.

►  Bockwindmühlen im Rheinland



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Ebenfalls Metallflügel, aber nicht nach System Bilau und kleiner als diese, trägt die Düffelsmühle in Kalkar-Niedermörmter.
Der Turm, vermutlich aus dem 15./16. Jh., wurde schon um 1550 als Mühle in Kartenansichten dargestellt. Die etwa 1987 eingebauten paddelartigen Metallflügel können einzeln gedreht werden und dienen ausschließlich zur Stromerzeugung.

► Infos Düffelsmühle